Sehr geehrter Herr Professor Sinz,
lieber Elmar,
das Unvorstellbare tritt so manches Mal im Leben des Menschen ein. Auch wenn man sich die aus solchen Ereignissen resultierenden Konsequenzen im ersten Augenblick nicht vorstellen kann, so muss man doch mühsam lernen, damit umzugehen. Dieser erste Gedanke entstand in mir bei der Vorstellung, dass Du Deiner wohlverdienten Emeritierung entgegensiehst. Sie bedeutet für Dich persönlich eine neue Herausforderung und gleichermaßen die Chance, die vielen unerledigten Aufgabenstellungen, die man im Laufe eines langen akademischen Arbeitslebens für diesen Moment aufgespart hat, mit neuer Tatkraft anzupacken.
Für Deine Fakultät bedeutet das Ereignis eine schmerzliche Zäsur. Eine WIAI in Bamberg ohne den Fakultätsgründer Professor Elmar Sinz erscheint auf den ersten Blick wie der Versuch eines jungen Ingenieurs, ein Kraftfahrzeug ohne einen Motor und die Räder zu entwerfen. Der tatkräftige, weit- und umsichtige Wegbereiter, Gestalter und Lenker der wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Universität Bamberg in wissenschaftlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich bedeutsame Zukunftsfelder des 21. Jahrhunderts hinein, deren zeitliche Dimension weit über dessen aktive Wirkungsperiode hinausgeht, hinterlässt in seinem Umfeld eine breite Lücke und große Fußspuren, die schwerlich zu füllen sind, wie man schon sieht.
Bei der Beantwortung der Frage, wie man Dein persönliches Wirken innerhalb der Fakultät insbesondere im Umgang mit anderen Menschen am zutreffendsten beschreiben soll, kamen mir die Worte des Namensgebers meiner alten Wirkungsstätte in Frankfurt in den Sinn. Johann Wolfgang von Goethe schrieb 1783 in „Das Göttliche“ 1):
„ Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.“
Diese Merkmale kennzeichnen in meiner Wahrnehmung Elmar Sinz und unterscheiden ihn auch von vielen Wesen, die ich innerhalb und außerhalb des akademischen Wirkungsfelds der Universität Bamberg bisher kennengelernt habe. Es entstehen zwangsläufig einige Fragen: Kannte Elmar Sinz diese Verse eines großen Geistes deutscher Kulturgeschichte und nutzte er sie als Richtschnur seines Handelns? Oder sind diese Merkmale vielmehr von jeher Bestandteil seines Wesens gewesen und die Kenntnis der Verse Goethes verstärkte lediglich ihr Hervortreten im täglichen Umgang mit anderen Menschen? Ich neige zur Annahme, dass die zweite Darstellung den wahren Sachverhalt zutreffender beschreibt.
Als Vermächtnis an diese Fakultät wünsche ich uns allen, der wissenschaftlichen Inspiration im Hinblick auf die Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik, dem Gestaltungswillen, der intellektuellen Redlichkeit, der Geradlinigkeit sowie dem guten, hilfreichen und edlen Geist von Elmar Sinz über die Emeritierung des Fakultätsgründers hinweg treu zu bleiben, oder um es mit Goethe, „Das Göttliche“ 1), zu sagen,
„Und wir verehren
Die Unsterblichen,
Als wären sie Menschen,
Täten im großen,
Was der Beste im kleinen
Tut oder möchte.
Der edle Mensch
Sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff er
Das Nützliche, Rechte,
Sei uns ein Vorbild
Jener geahneten Wesen!“
bzw. mit den Worten des Chors in der Walpurgisnacht aus „Faust: Der Tragödie erster und zweiter Teil“2): „So Ehre denn, wem Ehre gebührt!“.
Dir, lieber Elmar, wünsche ich in diesem Sinne weiterhin Schaffenskraft, Gesundheit und ein gesegnetes Wirken bei Deinen neuen Aufgaben.
In großer Dankbarkeit für die kollegiale Zusammenarbeit über viele Jahre hinweg verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen,
Udo Krieger
Bamberg, im Januar 2017
- siehe URL: http://gedichte.xbib.de/Goethe_gedicht_Das+G%F6ttliche.htm, Zugriff 10.01.2017
- Faust: Der Tragödie erster und zweiter Teil, Urfaust. E. Trunz (Hrsg.), Verlag C.H. Beck, München 1986. Einmalige Jubiläumsausgabe zum 175. Todestag 2007, Seite 125.